Gelebte Integration

 

Der Präsident der Handwerkskammer, Hoch, besuchte am 15 Oktober 2010 das Familienunternehmen Colletti.

Eine Steinmetzarbeit als Beispiel: Calogero Colletti, Kammerpräsident Bernhard Hoch, Angela, Vincenzo und Fabrizio Colletti (von links) Foto: Michael Gottstein

LAUFENBURG. Derzeit ist viel von Integrationsproblemen die Rede. Daher möchte Bernhard Hoch, der Präsident der Handwerkskammer Konstanz, das Thema Migration aus Sicht des Handwerks aufgreifen und Beispiele gelungener Integration vorstellen. Gestern besuchte er das Familienunternehmen Colletti in der Laufenburger Steinmatt.

"Im Handwerk haben wir mit Immigranten keine Probleme", erklärte der Präsident. So gebe es zahlreiche Innungsmeister mit ausländischen Wurzeln. Vor dem Hintergrund, dass 20 Prozent der Menschen in Deutschland einen Migrationshintergrund hätten und es wegen der demografischen Entwicklung schwieriger werde, qualifizierte Kräfte zu gewinnen, möchte die Kammer besonders junge Frauen und Migranten für Handwerksberufe gewinnen.

Das 1994 in Albbruck gegründete und seit 2006 in Laufenburg ansässige Unternehmen ist ein Beispiel dafür, wie Immigranten sich erfolgreich ins Wirtschaftsleben integrieren, fließend Deutsch sprechen und die Bildungsangebote intensiv nutzen. Wovon beide Seiten profitieren, denn die Familie hat die Wohnkultur ihrer italienischen Heimat – vor allem die Kunst der Steinbearbeitung – an den Hochrhein gebracht. Neben Seniorchef Vincenzo Colletti und Ehefrau Angela arbeiten die drei Söhne Calogero (26), Giuseppe (23) und Fabrizo (20) in der Firma.

Der aus Sizilien stammende Vincenzo Colletti kam 1977, mit 18 Jahren, nach einer Ausbildung zum Technischen Zeichner nach Deutschland. Er arbeitete lange bei der Lonza und interessierte sich für die Steinbearbeitung, so dass er nebenberuflich Treppen baute. Anfang der 90er Jahre wurde er arbeitslos. Da er sich mit seiner Lage nicht abfinden wollte, wagte er den Sprung in die Selbstständigkeit und investierte die Ersparnisse samt Abfindung in den Kauf von Maschinen. "Einige Leute haben damals gesagt, ich sei verrückt." Auch Angela, die mit vier Jahren nach Laufenburg gekommen war, bestätigt, dass zu diesem Schritt viel Engagement, Risikobereitschaft und Fleiß erforderlich gewesen sei. Geholfen habe auch der Familienzusammenhalt – das ist eine der Tugenden, denen die italienische Wirtschaft ihre Erfolge verdankt. Die drei Söhne wurden in Deutschland geboren, wuchsen zweisprachig auf und besuchten die Schule in Albbruck. Calogero machte eine Steinmetz- und Bildhauerausbildung, Giuseppe wurde Fliesenleger, und Fabrizio (20) absolvierte eine kaufmännische Ausbildung und macht zurzeit auf der Abendschule die Weiterbildung zum Betriebswirt. Er sei dankbar, dass die Handwerkskammer diese Möglichkeit biete.

"Wir möchten, dass Jugendliche ohne Abitur einen akademischen Abschluss machen können", erklärt Hoch.60 bis 70 Prozent der Aufträge fallen auf die Bearbeitung hochwertiger Steine für Treppenbeläge, Küchenplatten und ganz allgemein für die Wohnraumverschönerung. Außerdem verkauft die Firma hochwertige Fliesen, vorwiegend aus Italien, und baut sie für die Kunden ein. Die Hälfte der Kundschaft kommt aus der Schweiz. Und da machen Regelungen, die von vielen Firmen als protektionistisch gewertet werden, den Betrieben das Leben schwer. Wenn deutsche Handwerker südlich des Rheins tätig werden wollen, müssen sie eine Kaution von 10 000 Franken hinterlegen. Die Regelung sollte zum 1. Oktober in Kraft treten, wurde aber auf 1. April verschoben. "In der Zwischenzeit versuchen wir, in dieser Frage eine politische Lösung zu finden", versprach der Kammerpräsident, denn: "Es geht uns um Chancengleichheit."